Additive Fertigung im Stahlbau: Prozess- und Fertigungstrategien im Wire Arc Additive Manufacturing
Benedikt Waldschmit, M.Sc.
Die Idee Stahlbauteile vollautomatisiert herzustellen, besteht schon seit geraumer Zeit. Mit dem Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) bieten sich ein Verfahren, das neben der Herstellung individueller Strukturen in offenen Bauräumen eine deutlich höhere Auftragsrate als konventionelle additive Fertigungsverfahren ermöglicht.
Im Rahmen der Forschung am IfSW soll ein automatisiertes Verfahren zum Inline-Oberflächen-Finish von individuell auftragsgeschweißten Strukturen durch ein Zusammenführen von additiven und subtraktiven Verfahrenskomponenten entwickelt werden.
Die Forschung konzentriert sich hierbei auf die Entwicklung eines Design-to-Manufacturing-Workflows für WAAM-gefertigte Strukturen anhand eines freigeformten Stahlknotens, um verschiedene Standardprofile mit geschlossenem Querschnitt oder additiv gefertigte Elemente zu verbinden. Dabei können Querschnittsprofile unterschiedlicher Abmessungen oder geometrischer Formen (hier: Quadrat und Kreis) miteinander verbunden werden. Darüber hinaus wird der kombinierte Prozess von additiv gefertigten Bauteilen und der Nachbearbeitung durch Abtragen von Material auf eine geplante Wandstärke mittels verschiedener Fräs- und Schleifverfahren erläutert.
Eines der häufigsten Missverständnisse über WAAM ist, dass es sich um einen „Plug-and-Play“-Prozess handelt, bei dem ein 3D-Modell in vordefinierte Schichten (Slicing) unterteilt wird, die dann in Bewegungsanweisungen oder G-Code umgewandelt werden. In Wirklichkeit gibt es häufig Diskrepanzen zwischen der Entwurfsgeometrie und der tatsächlich gedruckten Geometrie, die sich aus Unterschieden in der Schichthöhe oder aus der Verzerrung der gedruckten Struktur während des Drucks ergeben können.
Ein digitales Modell enthält Informationen über Prozess- und Eingabeparameter, Schweißnahtgeometrien und Materialeigenschaften. Die Schweißbahnen werden mittels partieller parametrischer Roboterprogrammierung (PRP), einer auf mathematischen Funktionen basierenden Koordinatenermittlungsmethode, generiert. Durch regelmäßige Überprüfung u. a. der aktuellen Höhe und deren Abgleich mit dem digitalen Modell durch die Robotersteuerung werden die Koordinaten der Schweißbahn adaptiv aktualisiert. Die abschließende Auswertung der aufgezeichneten Daten, ergänzt durch 3D-Scanning für einen Soll-Ist-Vergleich, dient dazu, Fräsbahnen für ein Oberflächenfinish zu generieren und z.B. optimierte Bewegungsabläufe oder Kühl- und Messprozesse zu ermitteln. Alle gespeicherten Informationen ergeben einen rudimentären digitalen Zwilling.
Der Knoten wurde in 379 Lagen (297 vertikal; 82 auskragend) hergestellt. Die Gesamtfertigungszeit betrug 28,51 h. Davon entfielen nur 43,5 % auf das direkte Schweißen, 31,9 % auf die taktile Messung und 20,3 % auf die Kühlung der Struktur. Das Gesamtgewicht des Knotens beläuft sich auf 20,12 kg. Die Auftragsrate bezogen auf die Schweißzeit ergibt 1,65 kg/h.
Die aufgezeichneten Daten werden durch ein abschließendes 3D-Scanmodell ergänzt. Mit Hilfe eines Laserscanners wurde eine Punktwolke erzeugt und in ein Mesh-Modell umgewandelt, das für einen Soll-Ist-Vergleich zwischen geplantem und gefertigtem Objekt sowie für die Generierung von Fräsbahnen notwendig ist. Dazu wurde das Modell in Schichten zerlegt, deren Abstände den Fräsbahnen entsprechen.
Das Fräsen der vorgegebenen Bahnen erfolgt mit einer orthogonalen Ausrichtung des Fräsers zur Werkstückoberfläche und einer Überlappung der Bahnen von 2 mm, um die Bildung von Graten so weit wie möglich zu vermeiden. Dennoch treten zwischen den Fräsbahnen kleine Grate auf, die auf die nicht optimale Steifigkeit, die Wiederholgenauigkeit des Roboters und die mögliche Verkippung des Aufbaus um einige Zehntelgrad zurückzuführen sind. Um das gewünschte, ästhetisch ansprechende Oberflächenfinish zu erreichen, wurden die gefrästen Flächen mit Lamellenschleifern bearbeitet.
Das Projekt wurde In Zusammenarbeit mit dem GMSS, dem ISM+D an der TU Darmstadt und der spannverbund GmbH in einem von der ZIM geförderten Forschungsvorhaben gefördert, um den Fertigungsprozess im Hinblick auf einer technischen Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu untersuchen.